Die “Tour meines Lebens” – Tag 9 (Wernberg-Köblitz)

© Pixxelkunst made by Dirk Draewe

Heutige Etappe: 95,9 km
Gesamtstrecke: 810,2 km.
Fahrtzeit (netto): 04:40 Stunden
Ø Geschwindigkeit: 20,6 km/h
840 Höhenmeter

Übernachtung in Wernberg-Köblitz (Fischerhütte von Matze)


Sonntag, 02.08.2020 – Die Nacht war relativ ruhig und entspannt, aber durch den nächtlichen Regen und die heißen Tage auch extrem schwül. Ich wurde mehrmals wach, da ich so schwitzte, aber der Kaffee am morgen, auch wenn es nur löslicher war, weckte meine Lebensgeister sehr schnell. Nachdem ich alles gepackt hatte, hieß es Abschied von meinem Bruder nehmen und die Ausrüstung auf mein Bike zu verpacken. Allerdings begann das Verpacken gleich mit einer Schreckensmoment… denn die linke Schraube am Gepäckträger, welche ihn am Rahmen fixiert, war abgerissen.

Erst dachte eigentlich, dass sich die Schraube nur losvibriert hatte, aber leider war sie komplett abgeschert. Somit konnte ich nur eine Notreparatur mit Kabelbindern machen und fixierte den Gepäckträger so gut es ging. Hätte ich den Schaden schon am Vortag bemerkt, hätte ich noch beim ortsansäßigen Fahrradhänder, der auch noch Giant-Fachhändler war, vorbeigeschaut. Aber am heutigen Sonntag war das natürlich doof und hoffte ich, dass meine Konstruktion mit Kabelbinder möglichst lange, aber mindestens bis Roding hält.

Nach einer kurzen Rüttelprobe an meiner Notlösung war ich guter Hoffnung, dass die Kabelbinder den Gepäckträger da hielten, wo er hingehört, auch wenn er etwas schief hing. Ich verabschiedete mich nun endgültig von meinem Bruder und machte mich auf zu meinem nächsten Zwischenziel, einem weiteren ehemalige Kamerad, der nur 30 Kilometer weg von Hersbruck wohnte. Hier hatte ich auch die Hoffnung, dass er weiterhelfen kann und mir die Schrauben ausbohren kann. Wobei ich dem Schaden aber auch noch verdammt viel Glück hatte, da es auf der linken Seite keine Seil- oder Bodenzüge gibt. Wäre der Schaden auf der rechten Seite passiert, hätte es mir die komplette Gangschaltung weg gefetzt und dann wäre die Tour für mich zu Ende gewesen. Ich hoffte nur dass sich durch die einseitige Beschädigung der Träger nicht komplett löst, und ich dann unter Umständen gezwungen gewesen wäre, für mehrere Tage einen Stopp einzulegen oder sogar die Tour abzubrechen.

Entgegen den Wetterprognosen blieb es Gott sei Dank trocken, der Himmel riss sogar schon nach kurzer Zeit auf und dann begann es durch den nächtlichen Regen noch schwüler zur werden. Allerdings hieß es auch, dass es im Laufe des Tage wohl noch beginnen würde zu regnen, was ich allerdings nicht hoffte.

Nach knapp 10 Kilometern machte ich noch einmal eine Kontrolle meiner Konstruktion mit den Kabelbindern, die tatsächlich bombenfest hielt. So machte ich mich gut gelaunt weiter auf den Weg, nicht aber ohne den Himmel zu beobachten, denn es waren für den Nachmittag auch schwere Gewitter gemeldet. Wettertechnisch wurde es wie erwartet von Minute zu Minute schwüler und ich ölte schon jetzt wie ein Bekloppter. Allerdings entschädigte die Fahrt entlang des Fünf-Flüsse-Radweg, der einfach nur traumhaft schön ist.

Nach rund zwei Stunden, ich hatte bei meinem Bruder nur ein Glas rote Beete und einen Müsliriegel gegessen, legte ich an der Tankstelle in Hartmannshof und dem dortigen leckerne Kaffe eine Pause ein. Ich wollte einfach einen leckeren Bohnenkaffe, etwas herzhaftes und ein Stück Kuchen essen. Mit Blick auf die tolle Landschaft, hing ich gedankenverloren in meinem Stuhl, als etwas älter Radfahrer sich an den Nebentisch setzte. Schnell kamen wir ins Gespräch und dabei stellte sich heraus, dass Ulrich, der Rentner ist, auch Radwanderer ist. Schon hatten wir dadurch ein gemeinsames Gesprächsthema und da er mit seinem alten Winora-Bike (ohne E-Unterstützung) schon Frankreich, Spanien, Schweden, Norwegen und Dänemark bereist hatte, gab er mir auch noch jede Menge weitere Reisetipps und erzählte viele Anekdoten von seinen Touren. Tja und schon waren dadurch fast 1 1/2 Stunden vergangen, die ich aber nicht missen möchte und nach einem gemeinsamen Erinnerungsfoto ging es weiter. Gerne wäre ich mit Ulrich noch ein Stück weitergefahren, aber wollte heute noch nach Amberg-Sulzbach und mich zog es ja ein Stück weiter nördlich Richtung Sulzbach-Rosenberg und Weiden.

War der Fünf-Flüsse-Radweg noch sehr angenehm zu fahren, ging es ab der Rast nun steil bergauf. Allerdings wechselten immer wieder schnelle Bergab-Fahrten mit Spitzengeschwindigkeiten von 55 km/h mit steilen Bergauf-Fahrten. Dabei musste ich aber auch höllisch aupfassen, denn mit so schweren Gepäck muss auch tierisch aufpassen beim hastigen Lenkbewegungen, da das Bike dadurch schnell zum trudeln neigt.

In Sulzbach-Rosenberg wurde ich plötzlich von hinten angehupt und dachte es wäre was am Rad. Tatsächlich wollte mich aber ein Autofahrer nur auf einen leckeren Biergarten, dem Kreuzerwirt Spitalgarten (INTERNETFACEBOOK) aufmerksam machen. Und ja, er hatte recht…. Gekühltes Bier in einer kleinen Kapelle und tolles Essen. Daran merkte ich auch, wie auch schon vorher in der fränkischen Schweiz, dass ich in Bayern bin. Denn die Biergartenkultur mit leckerem Bier und köstlichen Brotzeit-Spezialitäten vermisse ich schon im Rheinland.

Der nächste, aber völlig ungeplante kulinarische Stopp war bei meinem ehemaligen Kameraden Andreas G., der mittlerweile mit dem Hüthäusl (INTERNET) in Freihung OT Kleinschönbrunn, ein eigenes Wirtshaus hat. Gott sei Dank hatte er mir noch rechtzeitig geschrieben, dass er gar nicht an mehr an seiner alten Adresse wohnt, sondern direkt im Hüthäusl und ich zu dem Zeitpunkt nur 3 Kilometer entfernt war. Sehr zu meinem Glück, denn so konnte ich leckeren Presssack mit Musik, alkoholfreies Weizen, hausgemachten Kuchen und frischen Kuchen genießen. Leider hatten wir nur wenig Zeit über alte gemeinsame Zeiten zu quatschen, da das Hüthäusl extrem boomt und er fast täglich ein volles Haus hat. Wir verabredeten uns aber mal bei mir zu Hause und dass er sehr gerne bei mir vorbei kommen kann und danach verabschiedete ich mich nach Weiden, meinem heutigen Etappenziel aufzumachen.

Ja aber wie so oft während meiner Tour, wurden meine Pläne ganz schnell wieder über den Haufen geschmissen werden. Ich war nämlich gerade im Begriff zu gehen, als drei andere Mountainbiker dazu kamen und wir recht schnell ins Gespräch kamen. Wir unterhielten uns über alles mögliche, über mein Gepäck, wie zufrieden ich mit dem Rad bin und dann setzte plötzlich der Regen ein. Ich verabschiedete mich von Andreas und den drei anderen Bikern  nur ungern, da ich gern noch länger geblieben wäre. Aber zum einen wollte ich nicht unbedingt zu nass werden und ich wollte auf jeden Fall heute noch bis Weiden kommen. Zunächst tröpfelte es nur,  aber kaum war ich losgefahren wurde der Regen immer schlimmer. Nach fünf Kilometern musste ich mir dann doch schnell einen Unterstand suchen, um meine Regenklamotten aus den Satteltaschen zu kramen. Während ich meine Regensachen anzog, hörte ich in einiger Entfernung schon das kräftige Rumpeln und die ersten Blitze des angekündigten Gewitter. Jetzt hieß es zu überlegen was man macht… auf gut Glück weiterfahren oder doch noch weit von Weiden entfernt eine Unterkunft suchen.

Ich entschloss mich doch weiterzufahren und erreicht nass bis auf die Knochen gegen 15:30 Uhr endlich Weiden, wo ich Mitte von 1996 – 1997 stationiert war. Nach einem kurzen obligatorischen Foto mit dem Kaserne-Schild im Hintergrund, wo ich auch sofort von der Wache sehr unfreundlich auf das Fotografierverbot hingewiesen wurde (die Kaserne liegt direkt an der Hauptstraße), stellte ich mich erneut unter. Ich rief bei zwei Privatzimmern an, aber leider war alles belegt und die andern Unterkünfte waren mir einfach zu teuer. 

Nachdem der Regen dann langsam etwas weniger wurde, entschied mich noch bis Wernber-Köblitz weiter zu fahren, in der Hoffnung, dort ein preisgünstiges Zimmer zu bekommen. Als ich vor Ort war, rief ich im Gasthof Sperl an, allerdings ging dort niemand ans Telefon. Da ich aber nur noch ca. drei Kilometer enfernt stand, fuhr ich kurzerhand dort hin um direkt zu fragen.

Der erste Eindruck beim betreten war zwar nicht sehr ansprechend, halt ein typischer Dorf-Gasthof und auch die vielen tschechischen Gäste, ich vermute mal, dass es Fernfahrer waren, schauten nicht sehr vertrauenserweckend. Aber oftmals täuscht auch der erste Eindruck und die Entscheidung, direkt dort hin zu fahren um zu fragen, sollte sich wenige Minuten später als goldrichtig erweisen.

Auf meine Frage bekam ich ein kurz und bündiges “Nein wir haben nichts mehr frei” und ich verließ etwas enttäuscht den Gastraum mit den Worten “dann muss ich mal im Ort weiter nach einer Bleibe für heute Nacht suchen”. Ich war schon schon aus dem Gasthof, als mir zwei Einheimische hinter mir herriefen und mich im tiefsten oberpfälzer Dialekt und schon etlichen Bieren intus fragten, wie lang ich denn bleiben möchte. Daraus entwickelte sich ein tolles Gespräch und schon schnell stand fest, dass ich in der Fischerhütte von Matze schlafen würde. So eine Gastfreundschaft hatte ich bisher noch nirgendwo erlebt, dass man von einem wildfremden Menschen zum Übernachten eingeladen wird. Aber bevor es so weit war, bestellte ich erst einmal ein leckeres Cordon Bleu mit Karoffelsalat (es war schon 18 Uhr) und spülte alles mit vier Hoibe (0,5 ltr Bier) runter.

Matze, ein gebürtiger Österreicher fragte mich dabei mehrfach, ob es mir wirklich nichts ausmachen würde, dass in der Fischerhütte auch Mäuse sind. Mir war das egal, Hauptsache die Hütte war warm und trocken. Auf jeden Fall tausendmal besser als irgendwo im Wald, völlig durchnässt zu schlafen, auch wenn ich diesen Gedanken schon hatte.

Schließlich brachen Matze und ich auf und ich freute mich schon tierisch auf mein Bett bzw. die Bank auf der ich heute schlafen würde. Aber auf dem zwei Kilomter langen Weg, wir mussten laufen, da Matze nicht mehr fahren konnte, machten wir noch einen Zwischenstopp bei einem Spezl von ihm. Da tranken wir auch noch zwei Hoibe und dann gegen 21 Uhr, es begann schon dunkel zu werden, kamen wir endlich an der Fischerhütte an. Dort gabe es noch eine Schlummer-Hoibe und gegen Mitternacht meldet ich mich endlich zum schlafen ab, da ich todmüde war und auch schon einen ordentlichen Alkoholpegel hatte.

Mit der Hoffnung, dass sich das Wetter bis zum nächsten Tag wieder einigermaßen beruhigt und ich trockenen Fußes weiterfahren kann und dankbar für das heute Erlebte, schlief ich tief und fest ein, während der Regen nur so auf das Dach prasselte.

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