Die “Tour meines Lebens” – Tag 5 (Day Off – Alsleben)

Heutige Etappe: 43,3 km
Gesamtstrecke: 478,1 km
Fahrtzeit (netto): 02:00 Stunden

Ø Geschwindigkeit: 21,6 km/h
Höhenmeter 330 m
Übernachtung in Gollmuthhausen (bei Sylvia & Oli)


Mittwoch, 29.07.2020 – Es sollte eigentlich ein ganz ruhiger Tag werden und ich wollte nur zu unserem ehemaligen Wochenendhaus, zum Grab meiner Eltern, ihrem ehemaligen Haus und den Rest des Tages in der Therme in Bad Königshofen verbringen. Das war der Plan, aber der Tag geriet irgendwie total aus den Fugen…

Nach dem Frühstüch ging es nach Aubstadt, wo meine Eltern Mitte der 70ziger ein Wochendhaus gekauft hatten. Da wir zu dem Zeitpunkt in Erlangen wohnt und dass ich selbst 20 Jahre später mal in der Gegend arbeiten und wohnen würde, hätte ich damals auch nie gedacht. Ich war aber erschrocken, dass sich an dem Haus absolut nichts verändert hatte, lediglich eine Art Wintergarten war neu. Ich überlegte kurz ob ich mal klingeln sollte, aber ich kannte die Besitzer, da ich den Restverkauf nach dem Tod meiner Eltern 2007 abgewickelt hatte. Das waren nicht ganz so schöne Erinnerungen und daher setzte ich meine Reise weiter fort, zumal ich auch etwas Hunger verspürte.

Um meinen Hunger zu stillen, hatte ich mich für das Bistro “Extrablatt” in Bad Königshofen von meinem Kumpel Oli entschieden, der die für mich leckerste Currywurst hat. Er wartete schon auf mich und ich bemerkte die erstaunten Blicke der anderen Gäste, von denen mich einige auch persönlich kannten. Eigentlich wollte ich die Currywurst auch im Doppelpack essen, aber schon nach der ersten Portion war ich mehr als satt und ich wollte ja auch noch nach Alsleben und in die Therme.

Schon auf dem Weg zum Friedhof in Alsleben überkam mich ein komisches Gefühl der Trauer und machte sich immer mehr in der Magengrube bemerkbar. Ein Gefühl, welches ich schon lange nicht mehr vespürt hatte. Ich redete mir ein, dass ich mich nicht so haben sollte und schließlich war ich ja schon öfters am Grab meiner Eltern gewesen (zuletzt 2019). Aber als ich schließlich vor dem Grab stand, gaben meine Kniee einfach nach, ich sank in mich zusammen, unendliche Trauer erfüllte mich und ich konnte meine Tränen nicht mehr zurück halten… und das nach fast 13 Jahren.

Als ich mich nach ca. 30 Minuten wieder gefangen hatte, fuhr ich für 2 Stunden in die Therme in Bad Königshofen und ließ das Geschehen Revue passieren und ab da änderte sich auch meine gesamte Einstellung zum Leben und der Tour. Hatte ich davor die Einstellung, dass ich unmöglich allen Einladungen von Freunden und Bekannten Folge leisten kann, sah ich das plötzlich mit andern Augen. Plötzlich war der Gedanke da, daß man sich sehr wohl treffen sollte (wenn es kein zu großer Umweg ist), da man ja nie weiß, ob es das letzte Mal ist.

Auf dem Rückweg nach Gollmuthhausen hielt ich noch einmal kurz im Bistro “Extrablatt” an, um meine Kumpel Michel T. zu treffen, der sich auch riesig freute, mich mal wieder zu sehen. Nach zwei leckeren Becks, verabschiedete ich mich von ihm und es ging zurück nach Gollmuthhausen.

Dort wartete schon Sylvia auf mich und gemeinsam machten wir uns auf dem Weg zum See, da wir uns dort mit weiteren Freunden verabredeten hatten. Wir grillten, tranken Bier und ich musste ausführlich über meine Tour berichten.

Gegen Mitternacht schlief ich schließlich geschafft und völlig erlöst ein und nach den heutigen Erlebnissen, die ich auch meiner Frau unter Tränen am Telefon erzählt, war ich mir sicher… die Tour hatte mich schon jetzt geläutert und fortan war das nicht nur die “Tour meines Lebens” sondern mein ganz persönlicher Jakobs-Weg.

Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.