Die “Tour meines Lebens” – Tag 8 (Hersbruck)

© Pixxelkunst made by Dirk Draewe

 
Heutige Etappe: 80,9 km
Gesamtstrecke: 714,3 km
Fahrtzeit (netto): 04:49 Stunden
Ø Geschwindigkeit: 16,8 km/h
470 Höhenmeter
Übernachtung in Hersbruck

Samstag, 01.08.2020 – Das erste Ziel meiner heutigen Etappe war Erlangen und zunächst ging es zur Städtische Wirtschaftsschule, die ich von Ende 1979 bis 1983 mit dem Abschluss der mittleren Reife besuchte.

Erst stand ich trotz Navi in der falschen Straße und hatte die Hoffnung schon fast aufgeben, als ich dann plötzlich vor ihr stand und zack waren alle Erinnerungen von damals wieder da.

Angefangen von den Fahrradständern, die noch unverändert wie in den 80er ausschauten, über die Raucherecke in der Berufsschule. Die Ecke am Schulhof wo damals Drogen vertickt wurden oder die Drogenrazzia während der Schulzeit. Aber auch die Eckkneipe neben der Schule, die leider nicht mehr existiert und in der wir ab und zu der Pause immer verschwunden sind, um heimlich ein Bier zu trinken. Dabei wurden wir einmal fast von den Lehrern erwischt und mussten über das Treppenhaus, durch den Dachstuhl hinten wieder runter durch den Hinterausgang flüchten. Gott sei Dank wurden wir nicht erwischt, aber ich erlebte gerade vor Ort den totalen Flashback.

Oder auch die Erinnerung am Parkplatz der Schule, wo wir immer zu Schullandheimen und Ausflügen weggefahren sind. Die Klassenabschlussfahrt nach England mit all den Erlebnissen, u.a. der eingeworfenen Busscheibe. Ich wurde also regelrecht von meiner Vergangenheit überrollt und all das war wieder sehr emotional, weswegen der Aufenthalt auch länger dauerte als geplant.

Auf dem Weg zu den Wohnungen meiner Eltern, machte ich auch noch eine kurzen Abstecher zum Erlanger Bärch, wo traditionell an Pfingsten die weit über die Grenzen von Erlangen bekannte Bärch-Kärwa stattfindet. Was hatten wir da für Feten gefeiert und auch Geld gelassen, ich frage mich heute noch, wie ich mir das damals als Schüler leisten konnte.

Die ebenfalls von mir besuchte Hedenus Hauptschule hingegen, auf der ich auch ein kurzes Stelldichein hatte, war hingegen eher unspektakulär. Das einzige an was ich mich erinnern konnte waren die ständigen Prügeleien mit einem Mitschüler (die Jugend von heute bezeichnet sowas heute als “Opfer). Daher hielt ich mich dort auch nur kurz auf, um dann zum nächsten Lebensziel zu fahren, den beiden Hochhäusern am Europakanal Nummer 40 und Nummer 12, wo ich mit meinen Eltern gewohnt hatte.

Sehr verwundert stellte ich fest, dass sich die Außenfassade der Hochhäuser kaum verändert hatte. Auch hier kamen wieder jede Menge Erinnerungen hoch, z.B. das Blitzeis (es muss Ende 1970 gewesen sein), wo ich mit meinem Schulkameraden Klaus auf die glorreiche Idee kam, mit den Fahrrädern zum nahgelegenen Weiher zu fahren um dort Schlittschuh zu fahren. Dabei hätten wir uns das schenken können, denn wir hätten ohne weiteres auf dem zentimeterdicken Eis auf der Straße fahren können. Das Ende vom Lied war ein böser Ausrutscher, der für mich im Krankenhaus endete, da mir ein Schlittschuh mit der Kufe voran direkt oberhalb auf der Nase einschlug und mich aufschlitzte. Oder der der Abend, als meine Eltern weggefahren waren und ich mich ausgeschlossen hatte, als ich mit dem Hund raus war. Gott sei Dank lag bei uns auf dem Balkon ein Regenschirm, mit dem ich durch das gekippte Fenster an die Fensterverriegelung kam. Aber auch die ersten unerlaubten Fahrproben mit einem alten himmelblauen B-Kadett oder dem 50ziger Mokick meines Vaters.

Bevor ich schließlich Erlangen hinter mir ließ, fuhr ich noch kurz zur Grundschule in Büchenbach, allerdings war mir diese Schule völlig fremd. Das einzige an was ich mich da erinnern konnte war ein schwerer Unfall eines Mitschülers, der sich durch einen Sturz im Schulhof einen offenen Schienbeinbruch zugezogen hatte. Aber auch der tödliche Verkehrsunfall eines kleinen Jungen, der vom Bus in dem ich saß, überrollt wurde, schoß mir plötzlich wieder ins Gedächtnis.

So emotional wie der Besuch in Erlangen war, so langweilig war das irgendwie in Nürnberg. Meine Firma, in der ich von 1983 – 1987 meine Lehre zum Groß- und Außenhandelskaufmann absolvierte, existierte schon lange nicht mehr. Stattdessen stehen jetzt in dem ehemaligen Betriebsgelände Eigentumswohnungen. Das alles erfuhr ich von einem Eigentümer, der mich mit dem Rad sah, wie ich im Innenhof Fotos machte. Er wollte verständlicherweise wissen, was ich da mache und dann erzählte ich ihm alles. Ich zeigte ihm wo unser Chemie-Keller, das Lager und mein Büro war. Da kamen bei ihm auch Erinnerungen hoch und er erinnerte sich dunkel daran, dass er das auch von dem Architekten gehört hatte, der die Firma umgebaut hatte.

Abschließend ging es noch zu den Wohnorten in Nürnberg, in denen ich zunächst mit meinen Eltern und schließlich allein gelebt hatte. Aber auch hier hielten sich die Erinnerungen in Grenzen. Lediglich an meine ersten Wohnung in der Peterstraße konnte ich mich daran erinnern, dass ich eine Nachbarin hatte, die mit einem US-Soldaten befreundet war und sie ständig mit den Gallonen von Jim Beam beschenkte und die wir des öfteren gemeinsam mit meiner damaligen Freundin vernichteten.

Schließlich ließ ich auch Nürnberg hinter mir, da mich mein Bruder in Hersbruck schon sehnsüchtig erwartete. Allerdings machte mir der Weg zu ihm aufgrund der schier unterträglichen Hitze mehr zu schaffen, als ich dachte. Daher suchte ich kurz hinter Nürnberg eine Lidl auf, um mich mit Snacks und Flüssigkeit zu stärken, da ich seit Erlangen kaum was getrunken hatte.

Die Freude meines Bruders war groß, denn wir hatten uns zuletzt vor rund 8 Jahren gesehen und dementsprechend viel gab es auch zu erzäheln. Der Abend klang schießlich in einer leckeren Burger-Bar aus, die ich ganz sicher nochmal ansteuern werde, wenn ich mal wieder in der Gegend bin.

Irgendwann brachen wir dann wohl gestärkt auf, denn am nächsten Tag wollte ich unbedingt Weiden i.d.OPf. erreichen, damit ich meine Zeitplan einhalten konnte. Wie schon angekündigt, fing es dann auch in der Nacht zu regnen an und ich hoffte, dass es am nächsten Tag aufhören wollte. Denn bis auf die Hitze, hatte es der Wettergott bisher sehr gut mit mir gemeint.

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